Wenn man heute stark beschäftige Leute in unserer schnelllebigen Zeit fragt, was für sie wirklicher Luxus ist – die Antwort ist selten sehr originell und auch meistens nicht der Wunsch nach einer neuen Uhr. Der wirkliche Luxus ist Zeit.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Ludwig Oechslin, welches wir vor Jahren führten. Ich, der Verkäufer, der Manager, zum Entwickler, zum intellektuellen Gelehrten:
«Wir stellen Produkte her, die eigentlich niemand wirklich braucht.» Worauf mich Ludwig sehr bestimmt korrigierte: «Das ist falsch. Eine geistreiche, schöne Uhr braucht man, um daran Freude zu haben.»
Und genau darum geht es doch. Wir stellen bei ochs und junior Gegenstände her, normalerweise Uhren, die Freude machen.
Und welchen Zusammenhang sehe ich nun zwischen dem «wirklichen Luxus», der Freude an schönen Gegenständen und Dirks Uhr?
Nun, vielleicht verkörpert die Uhr von Dirk genau diesen Wunsch nach einem Gegenstand, der Freude macht, einer Uhr, die statt den heute üblichen Anzeigen – wenn es eine Smartwatch ist, diktiert sie vielleicht sogar den Takt des ganzen Tages –, nur das anzeigt, was vor der Industrialisierung den Rhythmus des Tages bestimmte: den Sonnenaufgang, ihren Stand, an dem man die Tageszeit abschätzen konnte, und den Sonnenuntergang am Abend.
Diese Uhr ist Dirks ganz persönlicher Zeitmesser und somit das charmante und sensible Gegenstück zu einer Smartwatch. Vielleicht schafft sie nicht mehr Zeit – natürlich tut sie das nicht –, aber vielleicht zeigt sie einfach bewusst einen entschleunigenden Umgang mit Zeit an.
Dirk nutzte im April dieses Jahres den Wissensvorsprung, den ochs und junior Besitzer bei uns haben (wir teilen Information zu Neuentwicklungen zuallererst und immer mit bestehenden Kunden, denn sie haben es uns als vollständig eigenfinanzierte Tech-Firma mit ihrer Investition in eine oder mehrere ochs und junior Uhren ermöglicht, neue radikale Innovationen von Ludwig Oechslin umzusetzen).
Technische Veränderungen an der Konstruktion von Ludwig Oechslin sind normalerweise keine gute Idee. Seine Innovationen sind kohärent und basieren auf seiner 40-jährigen konstanten Weiterarbeit – diese Erfahrung ist absolut einzigartig.
Auch Dirks Idee, nur die astronomischen Funktionen der Uhr anzuzeigen und vollständig auf «Zusatzinformationen» wie die Zeitangabe mittels Zeiger und das Datum zu verzichten, war mit Konsequenzen verbunden.
Da Oechslin die Antriebe seiner kalender- oder astronomischen Funktionen immer auch vom Stundenrohr her bedient, musste bei Dirks tag/nacht ein neues Zifferblatt konstruiert werden – allerdings ist dieses natürlich nicht mehr ein Zifferblatt, eher eine Zentrumscheibe. Das Stundenrohr des Ulysse Nardin UN-320 Basiswerks bedient die Funktionsteile 1 bis 5 der Teileliste (Link) – die Teile 6 bis 11 werden von der Datumsscheibe angetrieben. Deshalb wurde das «Zifferblatt» bis auf die Höhe der normalerweise vorhandenen Zeiger heraufgesetzt. Das Stundenrohr ragt nun bis 0.25mm unter die obere Kante. Bei der Datumsfunktion konnte die Öffnung weggelassen werden.
Das Zifferblatt ist somit eine Neukonstruktion und wurde wie alle Bauteile der tag/nacht in Einzelanfertigung bei der Firma Helfenstein Mechanik AG in Alpnach hergestellt.
Zum ersten Mal haben wir bei einer tag/nacht die Sonne in einer runden, dreidimensionalen Form in 18k Gelbgold gemacht. Hergestellt wurde sie, wie auch der Mond aus Platin PT950, bei der Firma Höllmüller GmbH in Luzern für uns.
Und dann die Patinierung: Dirk hat das Vorgehen schon wunderbar beschrieben. Kevin wird im neuen Jahr einen Blogpost machen, um seine Arbeit, die Kunst des Patinierens, näher zu beschreiben.
Diese tag/nacht ist ein weiteres Beispiel, wie weit wir für unsere Kunden auf der Basis von Ludwig Oechslin gehen können. Welche Wünsche wir erfüllen können – und wir lernen immer weiter!
Den folgenden Text sandte uns Dirk, einer unserer Kunden, nachdem er seine tag/nacht erhalten hatte:
Meine „Reise“ mit ochs und junior begann vor vielen Jahren mit einem Artikel auf „ThePurists“. Ich kann mich noch gut an die Beiträge von Magnus Bosse erinnern. Ich war von Anfang an fasziniert.
Aber um noch weiter zurückzugehen: Meine Leidenschaft für Uhren wurde auf dieselbe Art geweckt wie bei vielen anderen wahrscheinlich auch. Mein Vater interessierte sich für Uhren, ich hatte sogar einen Onkel, der als Hobby Uhren reparierte. So bekam ich meine erste „richtige“ Uhr, als ich 12 Jahre alt war, eine Tissot. Mit 16 erhielt ich eine Longines und so ging’s weiter.
Auch die nächsten Schritte waren die gleichen wie bei viele anderen: Sie führten von Zenith, Girard Perregaux über Blancpain zu Lange & Soehne und schliesslich zu Patek Philippe.
Aber irgendwie, obwohl dies alles fantastische Uhren sind (ich habe in meinem Leben noch keine Uhr verkauft), fühlte es sich immer an, als fehlte mir etwas. Ich wollte zurück zum Wesentlichen, aber mit einem Twist. Und hier kommt ochs und junior ins Spiel.
Nach meinem Umzug in die Schweiz war die Kontaktaufnahme noch einfacher. Und wie angenehm der Umgang mit Beat und seinem Team war! Am Ende kaufte ich eine mondphase LIGHT für meine Frau und bestellte einen ewigen kalender für mich, alles aus reinem Metall.
Noch nie hat mich eine Uhr mehr berührt. Ich kann nicht einmal genau beschreiben, weshalb. Ist es die Einfachheit des Layouts? Die verwendeten Materialien? Ludwig Oechslins Genialität? Die persönlichen Details, die man wählen kann? Oder alles zusammen?
Und irgendwie hatte ich mich entschieden, dass dieser ewige kalender meine „Schlussuhr“ sein sollte: Keine neuen Uhren mehr …
Aber Augenblick, eine kinetische Skulptur ist keine Uhr. Als ich die ersten Prototypen der tag/nacht sah, sass ich gerade an einem Tisch mit Beat und ich sagte: „Ich mag das Datum nicht, könnt ihr’s ohne Datumsanzeige machen?“ Die Antwort war ja. Ein paar Minuten später, ich hatte nur auf die Uhr gestarrt, fragte ich: „Könnt ihr’s auch ohne Zeiger machen? Für mich stören sie die eigentliche Essenz dieser Uhr.“ Beat lachte, schaute mich an und fragte, ob mir ernst sei damit. Meine Antwort war ein schlichtes Ja, und so war die seine.
Einer der Gründe, warum ich mich so schnell entscheiden konnte, war die H8 von Beat (was ist mit diesem Namen) Haldimann. Die Reduktion aufs Wesentliche, zu sehen, wie die Zeit vergeht, ohne die genaue Uhrzeit zu kennen, das finde ich extrem faszinierend.
Aber zurück zu meiner neuen Uhr. Zum oben genannten Punkt kommt dazu, dass ich alles, was mit Astronomie zu tun hat, immer spannend finde. Und das wiederum führte zum Beispiel zur Bestellung eines Planetariums komplett mit 9 Planeten.
Als also die Entscheidung gefallen war, dass weder Datum noch Zeiger auf der Uhr vorhanden sein sollten, schickte mir Beat einige Vorlagen, mit denen ich die Uhr selbst gestalten konnte. Meine ursprüngliche Idee war ein emailliertes Zifferblatt. Da das Zifferblatt mit der Sonne und dem Mond auch eine Funktion auf der Rückseite hat, wäre dies allerdings nicht einfach gewesen. Überdies hätte es wahrscheinlich ewig gedauert, bis es fertig gewesen wäre. Die zweite Möglichkeit war, das Zifferblatt anzumalen, aber auch bei dieser Option hatte ich Zweifel. Dann hatte ich die Idee, ein Metallzifferblatt mit dem 3D-Drucker drucken zu lassen. Ich fand sogar eine Firma in Schweden, die auch mit unglaublich kleinen Toleranzen arbeiten konnte. Deshalb dachte ich: „Warum nicht gleich eine 3D-Karte von Basel?“ Wir hätten 2 mm Höhe gehabt, mit der wir „spielen“ hätten können. Es wäre allerdings ein sehr kostspieliger Ansatz gewesen ($10k+), bei dem wir das Resultat nicht kannten. Ein bisschen zu riskant, sogar für mich …
Schliesslich kamen Beat und Kevin mit der Idee zu mir, „klein anzufangen“. Warum nicht einfach nur das Zifferblatt im Zentrum patinieren? So könnte man dieses im Nachhinein immer noch austauschen. Während wir das diskutierten, kam mir die Idee eines 3D-Effekts für die Sonne. Wieder meinte Beat, dass dies möglich sei.
Das nun war der Startschuss für den häufigen Kontakt mit Kevin. Es war eine Freude, mit ihm über die Monate hinweg zu arbeiten, bis das Zifferblatt gelang. Patinieren ist keine exakte Wissenschaft und ich habe aufgehört, die produzierten Test-Zifferblätter zu zählen.
Ausserdem änderte ich während es Prozesses mehrmals meine Meinung. Anfangs glaubte ich, es wäre lustig, Sterne im Nachthimmel zu haben, aber nachdem ich dies durchgedacht hatte, machte es keinen Sinn, denn die Nacht auf dieser Uhr ist unter dem Horizont und somit für uns nicht sichtbar. Dasselbe galt für den Mond, anfangs dachte ich, es wäre cool, wenn er mit Luminova überzogen wäre, aber wie bei den Sternen machte das auch hier keinen Sinn.
Mit all dem will ich nur sagen: Es war ein interessantes Projekt und das Resultat übertrifft halle meine Erwartungen.
Nun habe ich die Uhr seit einer Woche und gewöhne mich langsam daran, dass ein kurzer Blick aufs Handgelenk nicht reicht, um die Zeit abzulesen. Da ist die Tatsache der Tageslänge, die wirkliche Sonnenzeit und, zusätzlich, die Sommer- oder Winterzeit in Betracht zu ziehen. Dennoch, ich habe das Gefühl, dass ich es auf vielleicht 30 Minuten genau treffe, in der Zukunft vielleicht sogar auf 15 Minuten genau. Und wer braucht schon eine grössere Genauigkeit, besonders an den Wochenenden?
Zusätzlich zu den immer fantastischen Studio-Fotos von Cail wollte ich auch den ersten Schnappschuss der Uhr teilen, wie ich sie gleich ausserhalb des Ladens in Luzern gesehen habe.
Danke Beat, Kevin und Team!